Die Gartenepochen
Über die Jahrhunderte hinweg haben Menschen ihre Gärten auf ganz unterschiedliche Weise gestaltet. Historische Gärten geben uns dabei wertvolle Einblicke in das Leben vergangener Generationen. Einige bedeutende Gartenanlagen stehen sogar unter Denkmalschutz, um die Geschichte der Gartenkunst lebendig zu halten. Zugleich bereichern zahlreiche moderne Gartenformen das heutige Landschaftsbild.
Erfahren Sie mehr über die Gartenepochen mit beispielhaften Anlagen in Westfalen-Lippe
Gärten des Mittelalters - etwa 5. bis Ende 15. Jahrhundert
Reisen Sie mit uns zurück ins Mittelalter, eine Zeit, in der sich Küchengärten, Heilpflanzengärten sowie die ersten botanischen Gärten entwickelten. Küchengärten waren im Grunde große Gemüsebeete, die oft von Mauern umgeben waren – insbesondere an Burgen und Klöstern –, um die wertvollen Nahrungsmittel zu schützen. Obstbäume spielten eine wichtige Rolle, denn ihre Früchte konnten eingemacht und so für den Winter konserviert werden. Auch Weinreben an sonnigen Hängen trugen zur Selbstversorgung bei. Zusätzlich nutzte man die natürliche Landschaft geschickt für den Anbau, etwa indem man Hänge für Weinberge nutzte, um von optimaler Sonneneinstrahlung zu profitieren. In den Klöstern entstanden die Grundlagen für das systematische Wissen über Heilpflanzen, das später die europäische Medizin nachhaltig beeinflusste.
Klöster pflegten neben Nutzpflanzen auch Heilpflanzen und Ziergärten mit Rosen, Brunnen und Sitzgelegenheiten. Mönche und Nonnen betrieben nicht nur den Anbau, sondern forschten auch an Arzneipflanzen und stellten daraus Heilmittel her. Darüber hinaus war der Garten als Ort der Meditation und spirituellen Einkehr von großer Bedeutung, was die enge Verbindung zwischen Natur, Glauben und Heilkunst unterstreicht.
Gärten des Mittelalters, die Sie heute noch besuchen können:
- Garten des Klosters Dalheim in Lichtenau
- Schloss Hohenlimburg in Hagen
- Garten des Franziskanerklosters Wiedenbrück
Noch mehr Interessantes:
- Das Motto „Ora et labora“ („Bete und arbeite“) spiegelte sich auch in der Gartenarbeit wider.
- Die ersten botanischen Gärten in Deutschland entstanden im Mittelalter, um Pflanzen zu erforschen und zu präsentieren.
- Viele Pflanzen, die heute in Gärten selbstverständlich sind, wurden im Mittelalter erstmals gezielt kultiviert und verbreitet, darunter Kräuter wie Salbei, Rosmarin und Lavendel.
- Die Bauweise von Gartenmauern und -beeten im Mittelalter trug auch zum Schutz vor Schädlingen und ungünstigen Wetterbedingungen bei.

Gärten der Renaissance - Mitte 15. bis Mitte 17. Jahrhundert
In der Renaissance erwachte das Interesse an Kunst, Wissenschaft und Natur erneut. Gärten wurden sorgfältig geplant und zeichneten sich durch klare, geometrische Formen wie Quadrate oder Rechtecke aus. Die Wege waren gut gepflegt, und die Pflanzen wurden oft so geschnitten, dass sie kunstvolle Muster bildeten. Besonders beliebt waren Buchsbaumhecken, die kunstvoll geschnitten wurden und die klaren Formen unterstützten. Wasser spielte eine wichtige Rolle: Brunnen, kleine Wasserbecken und Terrassenstufen waren typische Elemente. Statuen von Göttern, Helden oder Tieren erinnerten an die antiken Kulturen der Griechen und Römer – eine Hommage an die Wiedergeburt alter Ideale. Die Gartenanlagen wurden so zu Orten, an denen Kunst und Natur harmonisch miteinander verbunden waren. Auch die Verwendung von Perspektive in der Gartengestaltung war innovativ und spiegelte die damalige Begeisterung für optische Täuschungen und räumliche Tiefe wider.
Gärten der Renaissance, die Sie heute noch besuchen können:
Noch mehr Interessantes:
- „Renaissance“ bedeutet „Wiedergeburt“ – hier wurde die Kunst und Philosophie der Antike neu entdeckt.
- Leider sind Renaissancegärten in Deutschland heute kaum noch erhalten, da viele zerstört oder überbaut wurden.
- Italienische Vorbilder, wie die Villen und Gärten rund um Florenz, inspirierten die Gartenarchitektur in ganz Europa maßgeblich.
- Viele Renaissancegärten waren mit Pavillons und Lauben ausgestattet, die als Orte der Muße und sozialer Begegnungen dienten.

Gärten des Barock - Mitte 17. bis Mitte 18. Jahrhundert
Barockgärten beeindruckten durch ihre Größe, Pracht und Symmetrie. Sie sollten Macht und Reichtum ihrer Besitzer:innen eindrucksvoll zeigen. Perfekte Symmetrie war kennzeichnend: Jede Gartenseite spiegelte die andere wider, was Ordnung und Kontrolle symbolisierte. Dies entsprach dem barocken Weltbild, das Harmonie durch strenge Regeln und Gestaltung suchte. Die Beete wirkten wie kunstvolle Teppiche aus Pflanzen, meist abgegrenzt durch niedrige Hecken in komplizierten Mustern. Große Springbrunnen mit imposanten Wasserbögen, kleine Wälder und Baumgruppen sorgten für abwechslungsreiche Spaziergänge, bei denen man immer wieder neue, versteckte Orte entdeckte. Labyrinthe aus Hecken luden zum spielerischen Verirren ein, und viele Gärten waren mit Statuen geschmückt. Neben der ästhetischen Funktion spielten Barockgärten auch eine Rolle bei höfischen Festen und gesellschaftlichen Ereignissen, oft wurden sie für aufwendige Inszenierungen genutzt.
Gärten des Barock, die Sie heute noch besuchen können:
- Schlosspark Nordkirchen
- Schloss- und Auenpark Neuhaus in Paderborn
- Gartenanlage Wasserburg Anholt in Isseelburg
Noch mehr Interessantes:
- Oft verbinden Barockgärten Elemente verschiedener Epochen.
- Johann Conrad Schlaun, ein bedeutender Architekt des westfälischen Barock, schuf unter anderem das Schloss Nordkirchen bei Münster.
- Die Gestaltung von Barockgärten war eng mit der Architektur der angrenzenden Schlösser verbunden – Garten und Gebäude bildeten eine Einheit.
- Wasserspiele und Fontänen wurden durch komplexe hydraulische Systeme betrieben, die technische Meisterleistungen ihrer Zeit waren.

Landschaftsgärten - Mitte 18. bis Ende 19. Jahrhundert
Landschaftsgärten wirken so natürlich, als hätte die Natur sie selbst gestaltet. Dabei ist alles genau durchdacht: Weite Wiesen, Teiche, Baumgruppen und sanfte Hügel schaffen eine harmonische, beinahe malerische Szenerie. Dieser Stil entwickelte sich als Reaktion auf die streng symmetrischen Barockgärten und spiegelt das aufkommende Interesse an Natürlichkeit und Romantik wider. Die Wege, oft „Brezelwege“ genannt, schlängeln sich sanft durch den Garten und lassen die Besucher:innen immer wieder neue Blickwinkel entdecken. Von besonderen Aussichtspunkten bieten sich weite Fernblicke, die an Gemälde erinnern. Häufig wurden in solchen Gärten auch exotische Pflanzen integriert, die durch botanische Entdeckungen und Kolonialhandel bekannt wurden. Ebenso spielten künstliche Ruinen oder Tempel als romantische Gestaltungselemente eine Rolle.
Landschaftsgärten, die Sie heute noch besuchen können:
- Park von Schloss Benkhausen in Espelkamp
- Steinfurter Bagno
- Schlossgarten in Münster
- Schlosspark in Bad Berleburg
Noch mehr Interessantes:
- Im späten 18. Jahrhundert entstanden auch öffentliche Grünanlagen wie Stadtparks, Promenaden und Kurparks.
- Viele Landschaftsgärten entstanden durch Umgestaltung älterer Anlagen.
- Die Philosophie des Landschaftsgartens war eng mit der englischen Romantik und der Idee der „idealen Natur“ verbunden.
- Landschaftsgärten beeinflussten später die Entwicklung moderner öffentlicher Parks maßgeblich.

Gärten des 20. Jahrhundert
Mit dem Wachstum der Städte vor rund 100 Jahren stieg auch das Bedürfnis nach grünen Rückzugsorten. Stadtparks und Grünflächen wurden immer wichtiger – sowohl für die Umwelt als auch für die Lebensqualität. Die Gartenkunst des 20. Jahrhunderts war von vielfältigen Einflüssen geprägt, darunter der Jugendstil, der moderne Funktionalismus und die Wiederentdeckung naturnaher Gestaltung. Reiche Bürger pflegten prachtvolle Gärten an ihren Villen, doch auch für die breite Bevölkerung entstanden Parks als Orte der Erholung, des Sports und der Begegnung. Gartenschauen spielten eine große Rolle bei der Entwicklung neuer Gartenideen, die vielfach in öffentliche Anlagen umgesetzt wurden. Ehemalige Industriebrachen verwandelten sich in grüne Oasen. Zusätzlich wurde die Bedeutung von Umweltschutz und nachhaltiger Planung im Gartenbau zunehmend erkannt, was sich in der Entwicklung von ökologischen Grünflächen und naturnahen Parks widerspiegelt.
Gärten des 20. Jahrhunderts, die Sie besuchen können:
- Kurpark Bad Salzuflen
- Historische Gartenanlage Hohenhof in Hagen
- Maximilianpark in Hamm
- Botanischer Garten und Stadtpark Gütersloh
Noch mehr Interessantes:
- Landes-, Bundes- und Internationale Gartenschauen (LAGA, BUGA, IGA) präsentieren regelmäßig Innovationen der Gartenkunst. Eine IGA findet 2027 in der Metropole Ruhr statt.
- In Westfalen-Lippe entstanden nach 1945 viele wertvolle private und öffentliche Gärten, von denen einige heute als Gartendenkmäler geschützt sind.
- Die Gartenbewegung der 1920er Jahre propagierte „Gärten für alle“ und setzte sich für den öffentlichen Zugang zu Grünflächen ein.
- Technische Neuerungen wie automatische Bewässerungssysteme und neue Pflanzenschutzmittel prägten die Gartenpflege in dieser Zeit.

Moderne Gartenkultur des 21. Jahrhunderts
Heute prägen naturnahe Gartengestaltung, ökologisches Gärtnern, Urban Gardening und Gemeinschaftsgärten die Gartenkultur. Im Mittelpunkt steht der Schutz von Pflanzen, Tieren und natürlichen Lebensräumen – nicht mehr die Beherrschung der Natur. Öffentliche Parks integrieren moderne Ideen: Spielplätze, Ruhezonen und Themengärten laden zum Entdecken und Verweilen ein. Die Digitalisierung findet auch im Gartenbau zunehmend Anwendung, etwa durch smarte Bewässerungssysteme oder Apps zur Pflanzenbestimmung. Zudem gewinnen Konzepte der Biodiversität und Klimaanpassung immer mehr an Bedeutung, um Gärten widerstandsfähiger gegen Wetterextreme zu machen.
Naturnahe Gartengestaltung und ökologisches Gärtnern
Ein naturnaher Garten ist ein kleines Paradies für Pflanzen und Tiere. Heimische Stauden, vielfältige Blumen und Nistplätze locken Bienen, Schmetterlinge, Vögel und Igel an. Dabei kommen natürliche Dünger zum Einsatz, und schädliche Mittel werden vermieden. Solche Gärten fördern das ökologische Gleichgewicht und helfen, bedrohte Arten zu schützen.
Tipps für nachhaltiges Gärtnern:
- Regenwasser sammeln und den Boden mulchen, um Feuchtigkeit zu bewahren.
- Pflanzen wählen, die wenig Wasser benötigen und robust sind.
- Den Boden durch Kompost nährstoffreich halten und auf Torf verzichten, um Moorgebiete zu schützen, die wichtige CO₂-Speicher sind.
- Nutzen Sie natürliche Schädlingsbekämpfungsmethoden wie das Anpflanzen von Duftkräutern oder das Ansiedeln von Nützlingen.
- Fördern Sie die Vielfalt durch unterschiedliche Pflanzenschichten, um Lebensraum für verschiedene Tierarten zu schaffen.
Urban Gardening
Urban Gardening bringt Grün in die Stadt – sei es in kleinen Beeten am Straßenrand oder ungewöhnlichen Pflanzgefäßen wie umgestalteten Holzpaletten und alten Milchtüten. Diese kreativen Gärten verschönern den urbanen Raum und fördern gemeinschaftliches Gestalten. Sie stärken das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Alltag und ermöglichen Stadtbewohnern den direkten Kontakt zur Natur.
Gemeinschaftsgärten
Wenn Sie keinen eigenen Garten besitzen, können Gemeinschaftsgärten eine attraktive Alternative sein. Hier bauen Menschen gemeinsam Obst, Gemüse, Kräuter und Zierpflanzen an, teilen Arbeit und Ernte und schaffen so soziale Begegnungsräume. Besonders für Familien mit Kindern bieten Gemeinschaftsgärten wertvolle Erfahrungen in der Natur. Sie fördern das Miteinander, unterstützen lokale Ernährung und stärken das Umweltbewusstsein in der Gemeinschaft.

Kunterbunte Gartenkultur für kleine und große Gartenkünstler:innen
Begeistern Sie auch Ihre Kinder oder Enkelkinder für die vielfältige Gartenkultur in Westfalen-Lippe. Mit dem Kreativheft gehen Sie gemeinsam auf eine kleine Zeitreise. Die Ausmalbilder, Rätsel und Bastelanleitungen zu unserer Gartenkultur machen besonders junge Gartenkünstler:innen neugierig. Auf kindgerechte Weise erfahren Sie so Spannendes über die Epochen der Gartenkultur.
Die Vorlage für das eigene Herbarium können Sie hier herunterladen.
Zum Kreativheft "Kunterbunte Gartenkultur für kleine und große Gartenkünstler:innen"
